Die geheimnisvolle Steinsetzung auf Chilchberg/Risch ZG - Ein Erklärungsversuch

Die mysteriösen Steinreihen auf dem Chilchberg "in Form eines L" waren oft Gegenstand von Fragen und Vermutungen, ohne dass bisher eine plausible Interpretation vorliegt (siehe Stefan Hochuli "Rätselhafte Steinreihe auf dem Chilchberg bei Risch", Tugium 2006).

 

Vielleicht wurde öfters übersehen, dass dieses "L" aus fünf geraden Steinreihen von unterschiedlicher Länge und Ausrichtung besteht, für die wir eine Interpretation vorschlagen.

 

Eine hypothetische, phantasievolle Aussage zur Funktion dieser Anlage folgt in einem zweiten Teil.

 

Die vom 'Zentralpunkt' (677.525/220.821), dem Knick im "L", in nordöstliche Richtung über 80m verlaufende Steinreihe mit Azimut 244° weist auf die Kirche Root LU.

 

Vom Endpunkt dieser ersten Steinreihe (677.598/220.856) zeigt das nächste Teilstück von 104m mit Azimut 237° auf die alte Kapelle Dierikon LU (670.835/216.690); diese wurde zwar erst im 17.Jahrhundert gebaut, doch vermutlich stand dort vorher ein Bildstock oder ein Kreuz.

 

Die dritte nordöstliche Teilstrecke beginnt bei zirka 677.691/ 220.914, hat 49m Länge und ein Azimut von 73.3°; sie verlängert sich zum erratischen (Nagelfluh-) Block 'Druidenstein' (Zug 01; 683.232/222.498), einem möglicherweise künstlich gesetzten Block auf einem Hügel des Zugerbergs.

 

Die relativ kurze nordwestliche Steinreihe (22m), ausgehend vom 'Zentralpunkt' mit Azimut 149.5° weist auf die Kapelle St.Georg/Arth SZ, in früheren Zeiten die Pfarrkirche dieses Dorfs.

 

Die vom Punkt 677.515/220.838 ausgehende nordwestliche Steinreihe mit 42m Länge und Azimut 340° verlängert sich zur Kapelle Buonas/Risch.

 

Bemerkenswert sind die geometrischen Beziehungen dieser fünf "Ziel-Monumente":

 

Der 'Druidenstein' ist exakt äquidistant (5.73 km, immer horizontal gemessen) vom 'Ausgangspunkt' (677.691/220.914) und vom Erdwerk Chugelrüti/Baar ZG (683.780/228.235). Da auch die Klosterkirche Frauental/Cham ZG äquidistant ist (9.16 km) von Chugelrüti und von diesem 'Ausgangsounkt', ergibt sich die geometrische Figur einer Raute.

 

Einen weiteren Rhombus finden wir für die alte Kapelle Dierikon und die Kapelle St.Georg/Arth: die alte Kapelle Dierikon ist äquidistant (7.91 km) von der Steinsetzung Chilchberg und von der ehemaligen Burgstelle Hertenstein (P.481)/Weggis LU (673.535/209.200), die Kapelle St.Georg von Hertenstein und von der Steinsetzung Chilchberg (9.32 km).

 

Wir erinnern uns: auch die Ausrichtung der kurzen nordwestlichen Steinreihe (149.5°) auf dem Chilchberg weist auf diese alte Kapelle St.Georg.

 

Die Diagonale dieses Rhombus führt über die Kapelle 'Rotchrüz'/Küssnacht SZ.

 

Dieselbe Distanz von 9.32 km finden wir ein drittes Mal zwischen der Kapelle St.Georg und der Kirche Meierskappel LU sowie ein viertes Mal zwischen dieser Kirche und der Kapelle Zittenbusch/Unterägeri ZG.

 

Die Gerade  Kap.Zittenbusch  - Kap.St.Georg  führt über die Kirche Arth, welche äquidistant ist (7.55 km) von der Kapelle Zittenbusch und von der Kirche Weggis.

 

Bei der Ausrichtung des Steinreihesegments auf die Kirche Root ergibt sich geometrisch keine Raute: diese Kirche ist äquidistant (5.63 km) vom 'Knickpunkt' des "L" und von der Burgstelle Gesslerburg/Küssnacht. Dieser 'Zentralpunkt' ist sodann äquidistant (5.78 km) von dieser Burgstelle und von der Kapelle Haltikon/Küssnacht.

 

Die Gerade  'Zentralpunkt'  -  Kap.Haltikon  führt zu einem Kreuz beim Stadtwald Küssnacht (672.510/213.150), und der 'Zentralpunkt' ist wiederum äquidistant (9.11km) von diesem Kreuz und von der Kapelle 'Schutzengel' in Baar (683.025/228.175), wobei die Gerade  'Zentralpunkt'  -  Kap. 'Schutzengel' Baar   über eine weitere Kapelle 'Schutzengel' führt, diejenige der Stadt Zug.

 

 

 

Wie in dieser Studie wurde auch in einer früheren Publikation Megalithen-Alignements von Yverdon VD-Clendy die Ausrichtung der zwei bedeutendsten Menhirreihen auf eine Kirche (Montcherand VD) und auf einen grossen erratischen Block ('Pierre des Buis'/La Sarraz VD) festgestellt, wiederum mit signifikanten geometrischen Beziehungen.

 

Ähnliche Menhirreihen finden sich z.B. im Bezirk Affoltern a.A. und im aargauischen Reusstal und sind meist schnurgerade; es dürfte bei ihrer Errichtung wohl eine Ausrichtungsabsicht gegeben haben. Eine dieser "Mauern" ist aber ebenfalls geknickt , das zirka 250m lange, an einem Abhang gelegene Alignement 'Gottert Nord' (Richard Walker,"Stonehenge im Säuliamt" p.29, 2007). Der "Knickpunkt" liegt bei 678.345/238.570; der obere Teil mit Azimut 97° zeigt exakt auf die Kirche Langnau ZH, der untere mit 82° auf die Kirche Erlenbach ZH. Die Kirche Langnau ist präzis äquidistant (4.56 km) von der Kirche Erlenbach und vom "Knickpunkt" dieser Mauer ! <Nicht in der Grafik.>

 

Diese exakten "Raster von neolithischen geometrischen Verbindungen" - zwar (noch) nicht schlüssig bewiesen, aber von überwältigender Evidenz -  hatten möglicherweise den Zweck, die "Kraft" von andern "Kraftorten" zu übertragen und dort "anzuzapfen" oder dorthin zu "senden", deshalb auch die ausgeprägte Vernetzung. In dieser Sichtweise wären Stein- oder Menhirreihen vielleicht auf besonders "wirkungsvolle" oder beliebte "Kraftstandorte" ausgerichtet worden.

 

Zur Datierung der Anlage auf dem Chilchberg muss festgestellt werden, dass zur Bearbeitung von hartem Gestein nicht Stahlmeissel erforderlich sind. In Sardinien sind Hunderte von 'Domus de Janas' (Grabhöhlen/'Ossuaires') im Spätneolithikum in den Fels geschlagen worden, wobei das Gestein meist mindestens so hart wie Granit war.

 

Eine Datierung dieser Steinsetzung in die Frühgeschichte ist naheliegend, ohne dies genauer festlegen zu können.

 

 

 

Zur hypothetischen und etwas phantasievollen Aussage über den Zweck dieser Anlage: Wir vermuten, dass frühgeschichtliche Prozessionen über den Chilchberg geführt haben.

 

Zu Beginn gehörte in einem etwas archaischen Ansatz der Standort der Kapelle Buonas, der erratische Block nordöstlich des Gipfels des Chilchbergs (677.493/220.903), der Gipfel des Chilchbergs (P.531), der erratische Block im östlichen Teil des Chilchbergs (677.740/220.925) und der Standort der Kirche Risch dazu.

 

(Der Chilchberggipfel war offenbar auch ein "bedeutender Ort": er liegt mit der Kapelle Buonas (und wahrscheinlich einem weiteren Platz auf dem Chiemengrat) auf einer exakten Geraden mit dem "Hausberg" der Gegend Rigi (1797.5m); die Kapelle Oberdorf/Walchwil ist äquidistant von Rigi und von der Kapelle Buonas, während der Chilchberggipfel äquidistant ist von Rigi und von der Burgstelle Wildenburg/Baar <siehe Grafik>.)

 

Später wurde dann die Steinsetzung angelegt und in den Prozessionsweg eingeschlossen, wobei zumindest für eine gewisse Zeit die Zielobjekte der Ausrichtung jedes Steinreihensegments noch bekannt war.

Solche prähistorische Prozessionswege, aber allermeist ohne derartige Steinreihen, dürfte es in der Schweiz viele gegeben haben. Sie zeichnen sich oft durch Hohlwegabschnitte und begleitende Steinblöcke (oder auch "Karrengeleise" ?) aus.

Errat. Block Chilchberg Ost
Errat. Block Chilchberg Ost

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