Mur d'Annibal/Liddes VS

Die eindrucksvolle Mauer Mur (dit) d'Annibal (584.068/92.645) auf 2'645 Meter Höhe oberhalb Liddes VS bleibt ein geheimnisvolles Monument.
Sie wurde im Detail beschrieben in einer Publikation von R. Andenmatten und O. Paccolat ("Le Mur (dit) d'Hannibal: un site de haute montagne de la fin de l'Age de Fer") im Jahrbuch Archäologie Schweiz 95/2012 (p.77-95); die Interpretation als Verteidigungsanlage scheint allerdings wenig plausibel.
Der zentrale 'K-Punkt' dieser Mauer ist wohl nahe der lepontischen Inschrift (etruskisches Alphabet) anzunehmen, die 2005 in einem "Abri" entdeckt wurde und ins 2. Jahrhundert v.Chr. datiert ist.
Die Tatsache, dass Mur d'Annibal sich in präzise und signifikante geometrische Beziehungen in der Gegend einfügt, legt nahe, dass sie vielleicht eine Kultfunktion hatte.
Eine Gerade führt vom Block mit Schale 'Verbier 28' auf dem Gipfel des Mont Gelé (3023.4m)/Verbier über den Schalenstein 'Les Shlérondes' S3 (586.825/102.150; siehe Gilbert Bruchez 2009: "Pierres à cupules et autres pierres gravées") und über einen wahrscheinlichen Menhir nahe dem P.2716/Liddes (584.150/92.885) zum Mur d'Annibal.
Mont Gelé ist äquidistant (12.90 km, immer horizontal gemessen) vom Mur d'Annibal und von einem Kreuz im Südwesten der Kirche von Orsières (577.045/97.555). Doe Gerade zwischen diesem Kreuz und Mont Gelé geht über die Kirche von Orsières, welche äquidistant ist (12.60 km), zusammen mit dem wahrscheinlichen Menhir nahe P.2716, von Mont Gelé.
Mur d'Annibal ist äquidistant (9.93 km) vom Schalenstein 'Les Shlérondes' und vom Kreuz in Douay/Orsières (577.575/100.145). Dieser Schalenstein ist andererseits äquidistant (3.00 km) von Mont Gelé und vom Schalenstein Verbier 45 (584.364/103.940). Die Gerade  Mont Gelé  -  Verbier 45  verlängert sich zur Kirche Le Châble.
Eine andere interessante Gerade geht vom Mur d'Annibal über die Grotte St.Mayeul/Orsières (580.612/98.151) zur Kapelle Saint-Honoré in Sembrancher.
Mur d'Annibal ist äquidistant (12.32 km) von dieser Kapelle und von der Betkapelle Les Avoulons/Verbier (582.125/104.810), und die Kapelle Saint-Honoré ist äquidistant (5.78 km) von Grotte St.Mayeul und von der Kapelle Fontenelle Dessous (Les Verneys)/Verbier.
Grotte St.Mayeul ist sodann äquidistant (6.54 km) vom Mur d'Annibal, von einem Kreuz nahe P.693/Sembrancher (576.205/103.030) und vom Kreuz La Deuve/Issert (Val Ferret) (575.255/94.325).
Eine andere interessante Gerade findet sich zwischen Mur d'Annibal und der Mauer Mur Col d'Annibal (ähnliche Konstruktion, 584.015/82.205), denn sie führt über den Schalenstein Bourg St.-Pierre 19 'Les Areuses' (584.045/87.307). Die Tatsache, dass Mur Col d'Annibal äquidistant ist (5.05 km) von diesem Schalenstein und von der Mauer Mur Col de Barasson Ouest (ähnliche Konstruktion, 580.265/78.770), könnte darauf hinweisen, dass es sich um einen richtigen Schalenstein handelt, wie dies GIlbert Bruchez in seinem Buch interpretiert hat (aber vielleicht ein wenig verschoben).
Mur Col d'Annibal ist sodann äquidistant (10.32 km) von Mur d'Annibal und von der Kapelle in Ferret, und dieselbe Distanz findet sich ein drittes Mal zwischen dieser Kapelle und der Kirche von Liddes.
Mur Col de Barasson Ouest ist seinerseits äquidistant (14.34 km) von Mur d'Annibal und von einem Kreuz 'Saleina' südlich von Praz de Fort (Val Ferret) (575.635/92.290); dieses Kreuz ist sodann äquidistant (8.38 km) von Mur d'Annibal und vom Croix Biselx/Liddes (583.580/95.105).
Schliesslich ist Mur d'Annibal auch äquidistant (13.90 km) vom "Dolmen" in der Nähe des Cromlechs vom Grossen St.Bernhard (579.251/79.512) und vom Kreuz La Dotse P.2491/Val Ferret (573.875/83.135). Dieses Monument ist nicht wirklich ein Dolmen, sondern eher ein "Altar" (?), und ist einem "Dolmen" sehr ähnlich, welcher sich unweit des Menhir de Tsaté/Evolène VS befindet (siehe Buch 'Religiöse Geometrie in der Urgeschichte' p.50).

Die Tatsache, dass Mur d'Annibal präzis verbunden ist mit Schalensteinen, einer Höhle und den recht ähnlichen Mauern auf Col d'Annibal und Col de Barasson Ouest, scheint zu bestätigen, dass diese Mauer wahrscheinlich eine Kultfunktion hatte.
Diese drei grossen Mauern (Überreste von andern Mauern existieren auch auf dem Col de Barasson Est und im Nordwesten der Pointe de Barasson, aber auch anderswo im Aostatal) sind wahrscheinlich vergleichbar mit den 'Muraglie' in Sardinien (z.B. die Muraglia Bie Ebba von Dorgali NU, die keinerlei Verteidigungsfunktion hat), welche der sardische Archäologe Giacobbe Manca hypothetisch ins Endneolithikum datiert.
Vielleicht hat man bisher den "Abris", welche sich, mit Ausnahme des "Abri" mit der lepontischen Inschrift, im Nordosten neben Mur d'Annibal befinden, nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt (ein anderer findet sich zirka 100m nordwestlich und ein weiterer auf der Pointe de Toule (2727m)). Es sind vielmehr "Mini Dolmens", denn sie sind oft zu tief und eng, um als Hirtenunterschlupf im Hochgebirge zu dienen.
Ein weiteres ungefähres Dutzend solcher "Mini Dolmens" derselben Machart findet man über dem Lac de Salanfe ('Golette' ca. 563.830/108.660/2850m) gegenüber den Dents du Midi.
Man könnte sich vielleicht vorstellen, dass dort Opfergaben oder eventuell Knochen von Verstorbenen niedergelegt wurden. Sind sie möglicherweise vor der Errichtung des Mur d'Annibal erstellt worden?

Detail des Mur d'Annibal
Detail des Mur d'Annibal
Der wahrscheinliche Menhir in der Nähe des P.2716
Der wahrscheinliche Menhir in der Nähe des P.2716
Ein "abri"/"mini-Dolmen" in der Nähe des Mur d'Annibal
Ein "abri"/"mini-Dolmen" in der Nähe des Mur d'Annibal
Mauer Col de Barasson Ouest
Mauer Col de Barasson Ouest

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